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Vorwort des Übersetzers

Sehr geehrter Leser, 

es handelt sich hier bei diesem Werk von Ahmed Hulusi um eine einzigartige Interpretation des Koran. Bisher hat es noch nie eine Übersetzung oder Interpretation des Koran aus der Perspektive des Sufismus gegeben.

Die Problematik dieses Werkes vom Türkischen ins Deutsche zu übersetzen, liegt vor allem an bestimmten Begrifflichkeiten. Viele Worte im Türkischen sind arabischen Ursprungs und bleiben deshalb genauso bestehen, wie sie im originalen Koran zu lesen sind.

Aber genau hier liegt auch das Problem des Verständnisses. Ein Begriff hat erst einmal seine wortwörtliche Bedeutung. Betrachten wir zum Beispiel das Wort „Inzal“, welches wortwörtlich herabsteigen bedeutet. Der Koran benutzt dieses Wort, um den Vorgang der Offenbarung zu beschreiben, die Mohammed (Friede sei mit Ihm) empfangen hatte.

Aber wenn man das Wort wortwörtlich nimmt, dann denkt man, dass etwas von oben nach unten, also vom Himmel auf die Erde herabgesandt wurde. Dem ist aber nicht so, wenn der Mensch erst einmal fähig ist zu reflektieren und tief über die ganze Sache nachzudenken beginnt (worauf auch der Koran an vielen Stellen den Menschen dazu auffordert). Die Fähigkeit zu reflektieren kann erst dann beginnen, wenn der Mensch begreift, dass es sich bei der Definition von demjenigen, der Allah genannt wird, nicht um einen entfernten Gott handelt.

Hier liegt genau der Unterschied zwischen dieser Koranübersetzung und den unzähligen anderen, die übersetzt wurden. Bei den gängigen Koranübersetzungen werden die Wörter alle in ihrer wortwörtlichen Bedeutung verstanden und es wird so fehlgeschlagen zu verstehen, dass man eigentlich mit demjenigen, mit dem nichts zu vergleichen ist, etwas verglichen hat!

Nehmen wir zum Beispiel ein anderes Wort, welches sehr oft im Koran vorkommt. Das Wort „Rabb“, welches gewöhnlicherweise mit dem deutschen Wort „Herr“ übersetzt wird.

Und was ist jetzt damit gemeint?

Lässt man eine Erklärung aus, denkt der Mensch an einen herrschenden Schöpfer. Aber über was wird geherrscht? Über alles? Hat der Mensch denn nicht auch das Gefühl zu herrschen? Herrschen der Herr und der Mensch gleichzeitig oder aber jeder über unterschiedliche Bereiche? Herrscht der Herr am Tag des jüngsten Gerichts und der Mensch herrscht hier und jetzt? Oder herrscht der Herr hier und jetzt und auch für immer in alle Ewigkeiten, d.h.  im Diesseits und im Jenseits? Der Koran macht jedenfalls den Unterschied zwischen „Herrn der Welten“ (Rabbul Alamin) und einfach dem Wort „Rabb“.

Aber um die Beziehung zwischen dem Menschen und dem „Rabb ul Alamin“ näherzubringen, wird im Koran auf die Bedeutung des Buchstabens „B“ hingewiesen. Da die meisten sich über diese Bedeutung nicht bewusst sind, stellt es im Sufismus ein Geheimnis dar. (Mehr dazu im Glossar).

Das arabische Wort „Rabb“ kommt vom Wort „Tarbiyah“ und das heißt erziehen, produzieren, disziplinieren, manifestieren und entwickeln....

Also wer erzieht, produziert, erschafft, manifestiert und entwickelt alles im Universum? Der Mensch oder doch jemand anderes?  Diese Fragen stellt sich ein Mensch, der über die Realität der Existenz sich Gedanken macht. Der Koran lädt den Menschen dazu ein, tief nachzudenken über die Existenz (im Koran „Tafakkur“ genannt).

„Tafakkur“ ist genau das, was über die Jahrhunderte in der islamischen Welt verloren gegangen ist.

Die wortwörtliche Bedeutung, also nur die arabische Sprache zu kennen, ist nicht ausreichend, um den Koran zu verstehen. Es ist eine gute Voraussetzung, aber der Schlüssel fehlt immer noch, damit man nicht den Fehler begeht, alles wortwörtlich zu nehmen. Denn nimmt man alles wortwörtlich, dann begeht man den Fehler, dass man mit demjenigen, mit dem nichts verglichen werden kann (Allah), letztendlich doch etwas vergleichen wird! Und mit Allah etwas zu vergleichen, stellt laut dem Koran die größte Sünde dar!

Ich habe deshalb für die deutsche Übersetzung eine Klammer mit dem Vermerk „Anmerkung des Übersetzers“ (A.d.Ü.)bei einigen Begriffen versehen, um dem Leser mehr Informationen geben zu können.

Die Basis jedenfalls um den Koran zu verstehen, bildet die Definition des Namens „Allah“ (es herrscht kein externer Gott. Denn das würde heißen der Schöpfer ist ein begrenztes Wesen und nimmt seinen Platz, wie jedes andere Objekt auch, in Raum und Zeit ein! Das Fundament für dieses Verständnis bildet die Definition von Allah in der„Ikhlas“ Sure).

Wenn dies verstanden wird, dann können auch Begrifflichkeiten wie „Rabb“, „Hu“„Rasul“ usw. auch besser verstanden werden.

Und so bekommt der Leser einen Schlüssel, um den Koran zu verstehen. Denn der Koran wird entschlüsselt anhand der Reflexionen um das Wissen um Allah.

Ich möchte mich ganz herzlich bei Gökhan Bekensir, Kader Haydaroglu, Türkan Gündüz und einigen anderen Freunden bedanken, die mich bei der Übersetzung dieses Werkes unterstützt haben.

Tariq Mir